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Lesung |
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Aux bornes |
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mit Christian Schmid und Edouard Höllmüller |
Samstag 27. Januar um 20.30 Uhr |
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Anfang der fünfziger Jahre lebte das
junge Grenzwächterehepaar Schmid, beide aus dem Berner Worblental
stammend, mit seinen zwei Knaben zuhinderst an der Ajoie an der Grenze
im Weiler Les Bornes, der auf Deutsch «die Grenzsteine»
hiesse.
Die Welt von Les Bornes, die erinnert, erfunden und erzählt wird,
eine Welt kurz nach dem Krieg und kurz vor dem grossen Aufschwung,
ist voller Grenzen. Sichtbar, wenigstens streckenweise, ist nur die
Landesgrenze. Dennoch sind die anderen nicht weniger fühlbar,
zum Beispiel jene zwischen Bernern und Jurassiern, zwischen Deutsch
und Welsch, zwischen katholisch und protestantisch, zwischen Männern
und Frauen, zwischen Erwachsenen und Kindern – zwischen uns
und ihnen. Einige lassen sich leicht überschreiten, andere nur
mit Mühe oder gar nicht.
Die Welt von Les Bornes ist ein stilles, abseitiges Paradies ohne
Ausweg – eine Welt «näbenuss» würde man
auf Berndeutsch sagen. Spiele und Arbeit beschäftigen hier die
Hände der Kinder und Erwachsenen, aber füllen die Köpfe
nicht. In ihnen ist Platz für Geschichten von Schmugglern, vom
Krieg, von Bern und dem Jura, Geschichten aus dem Rucksack des Herkommens,
den man mit sich trägt, Geschichten vom Hier und Jetzt und von
der Zukunft. Muster werden sichtbar im Alltag und in den Geschichten,
Muster, an denen man festhält, obwohl nicht mehr alle überzeugen.
Mitten in dieser Welt erwacht ein Kind zur Sprache, zum Begreifen
und zum Ahnen. |
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Christian Schmid wurde 1947 in Rocourt geboren, lernte Chemielaborant,
studierte später an der Universität Basel Deutsch und Englisch.
Er ist seit 1988 Redaktor bei Schweizer Radio DRS1 und regelmässig
zu hören in den Sendungen «Siesta» und «Schnabelweid».
Als Wissenschaftler arbeitet er in den Bereichen Mundartliteratur,
Dialektologie, Volkskunde und Mündlichkeit und Schriftlichkeit.
Er ist Herausgeber und Autor mehrerer Bücher, zum Beispiel «öppis
säge» (1988), «Deheimen u frömd» (1992).
Seit 1985 schreibt er für die Mundartkolumne im Berner «Bund».
Er lebt in Schaffhausen. |
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Mediografie |
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Auszug:
Im Nebel standen die Häuser gross und schützend über
Menschen und Tieren. Aus den verschlossenen Fenstern drang warm das
trübgelbe Licht schwacher Glübirnen und die Luft roch nach
Holzfeuer. Trat jemand in eine Wohnung, warf er gegen die feuchte
Kälte, welche ihn über die Schwelle geschoben hatte, rasch
die Türe ins Schloss, schälte sich aus den klammen Kleidern,
die er wie Reste des Draussen achtlos an einen Haken hängte,
rieb sich die Hände, trat vor den Ofen und sprach vom Nebel wie
von einer Heimsuchung: Ah, quel brouillard.
Ich schlich mich in Juillards Wagenschuppen, legte alte Pferdedecken
und Planen so auf die Brücke des Wagens, der dort stand, dass
ihr unterer Rand den Boden berührte. In diesen Raum schleppte
ich zwei Harassen, legte sie mit der Öffnung gegeneinander auf
den Boden, schlüpfte hinein und zog sie zu. Ganz still sass ich
und lauschte, lauschte hinaus in den Nebel, der über allem lag
und alles eingepackt hatte, lauschte und wagte kaum zu atmen. |
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